Welcome to the world of digital dating – Part II
Ich hatte ja eigentlich gedacht, dass mein Tête-à-Tête mit T. einzigartig war und nicht mehr wiederholt werden würde. Wie so oft im Leben kommen die Dinge aber immer anders als man sie plant. So war es dann auch mit T. Ich wusste, dass T. und ich nicht kompatibel sind – ich hatte ihn ja zuvor als meinen Staatsfeind Nr. 1 erklärt. Ich wusste, dass ich Krämpfe in der Hand, Chaos im Kopf und unzählig schlechte Anmachsprüche nicht mehr akzeptieren wollte und doch gab ich ihm eine weitere Chance.
Das bringt mich zu der entscheidenden Frage: Warum lassen wir uns auf Dinge ein von denen wir wissen, dass sie nicht gut für uns sind? Wir essen Toast mit Nutella, obwohl wir wissen, dass sich die Kalorien und der Zucker rächen werden. Wir trinken Alkohol und rauchen, obwohl uns offensichtlich bewusst ist, dass sich unsere Halbwertszeit dann entweder wegen Lungenkrebs oder einer gestressten Leber signifikant verkürzen wird. Wir drücken Pickel aus, obwohl die Kosmetikerin uns dafür am liebsten kreuzigen würde. Wir führen Beziehungen, in denen wir unglücklich sind, geben der anderen Person immer wieder eine Chance, obwohl sie die eigentlich nicht mehr verdient hat. Wir lassen uns auf das vorprogrammierte Unglück ein, um uns danach zu fragen, warum wir nicht schlauer waren und aus den eigenen Fehlern gelernt haben.
Über diesen Punkt bin ich schon längst hinweg. Ich habe einfach so getan, als könnte ich mich selber täuschen. Das funktioniert dann folgendermaßen: meine Finger sind mittlerweile so schnell, dass sie nicht mehr auf die Befehle meines Gehirns warten müssen. Die haben praktisch ihr eigenes digitales Mindset und machen das, was ihnen gefällt. Meine Finger hatten sich in den Kopf gesetzt, T. so schnell auf meinen Handybildschirm zu verpflanzen, dass mein Gehirn davon garnichts mitbekommt. Zusätzlich waren sie sehr raffiniert und haben das Ganze mitten in der Nacht gemacht, sodass ich am nächsten Morgen bei vollem Bewusstsein garnicht wusste, was überhaupt geschehen war. Dieser James-Bond-artige Überfall wurde durch die Tatsache gekrönt, dass das digitale Zweitgehirn meiner Finger während meines Schlafes Neuronen in mein Haupthirn geschickt hat, die dort wiederum den Gedanken verbreitet haben, dass ich das alles nur tue, um zu schauen, ob der Liebhaber meiner Freundin noch sein Unwesen mit T. treibt. Einfach gesagt: ich habe zum Glück auch Freundinnen, die nicht vergeben sind und sich genauso auf ein Rendezvous mit T. eingelassen haben wie ich. Da mein Beschützerinstinkt stark, mein Männerbild ziemlich verzerrt und meine Kunst gute Ausreden zu finden äußerst ausgeprägt sind, führte das eine zum anderen und der Liebhaber meiner Freundin wurde beschuldigt mit T. auf Tour zu gehen – nur damit ich eine gute Ausrede hatte T. in mein Leben zu lassen.
Für all die, die von meinem super Trick profitieren möchten, hier die Anleitung: völlig übermüdet einen Bund mit T. schließen, nicht groß drüber nachdenken und den Fingern freien Lauf lassen. Sobald ihr merkt, dass euer Gehirn anfängt zu arbeiten – T. löschen und hoffen, dass man mit der richtigen Person bereits Nummern ausgetauscht hat.
Ich kann euch eines sagen: dieser Nacht, meinen intelligenten Fingern, meinem Kreativtresor der Ausreden und meiner geliebten Freundin ist es zu schulden, dass ich die Kategorien der Männer, die ihr bereits aus Teil I kennt, erweitern muss.
Kategorie IV: der Gentleman. Diese Art von Mann ist gruselig, denn sie scheint aus einem anderen Universum zu kommen. Er ist zurückhaltend, weiß aber, wann er es nicht sein sollte. Er kennt das Repertoire der alten Schule (Tür aufhalten, zum Auto bringen, in die Jacke helfen), scheut keine Kosten und Mühe die Auserwählte kennenzulernen. Er ist smart, ambitioniert und weiß genau, was er im Leben möchte – beruflich und privat. Er hat verstanden, dass es leider nicht ausreicht, dass Amor seinen Pfeil abschießt. Liebe heißt Arbeit und Kompromisse. Stell dir vor, du lernst die eine Person kennen mit der du dein Leben verbringen könntest und verlierst sie, weil du zu faul warst. Mit Faulheit ist man leider noch nie weit gekommen – das weiß auch der Gentleman.
Ich glaube ich schreibe gerade ein Happy End. Ob das wirklich so ist, kann natürlich keiner sagen, aber wir Frauen haben eine besondere Gabe – Intuition. Meine Intuition ist ganz friedlich und vor allem eins – verliebt. Carrie Bradshaw schreibt von Mr. Big, ich nenne ihn Mr. X. Ich bin mir sicher, ihr werdet noch ein paar Geschichten von ihm hören. Bis dahin genieße ich die Schmetterlinge und meine dicke rosarote Brille.
Ach, T. und ich haben uns vertragen. Er geht seinen Weg und ich meinen. Da er mich ja jetzt glücklich verkuppelt hat, hat er all das Lügen und Betrügen wieder gut gemacht. Amigo T. hdgdl aber jetzt wirklich bis hoffentlich NIE, NIE wieder.